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Nun kommen sie doch auch in Deutschland: In sieben Bundesländern wurden während des Jahreswechsels Notfallzulassungen verschiedener in Europa verbotener Neonicotinoide erteilt (Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Reinland Pfalz, Nordrhein Westfahlen, Niedersachsen und Schleswig Holstein). Im Aufmerksamkeitsschatten der andauernden Corona-Krise hat die Bauernlobby ihr "weiter so wie bisher" durchgesetzt. Das ist einmal mehr ein erschütternder Vorgang der zeigt, daß wir Imker immer noch nicht gut genug organisiert sind. Es gelingt uns offensichtlich immer noch nicht, genügend Einfluss aufzubauen, um dieses bevorstehende und absehbare massenhafte Vergiften unserer Bienen zu verhindern. Auch wenn es unsere Bienen sind - es sind doch die Kulturflächen unserer Bauern, denen unsere Völker eine Ertragssteigerung im Raps von bis zu 25 Prozent je nach Aufstellungsart und Wetterverlauf bringen. Wann endlich wird es zu einer Kooperation zwischen Bauern und Imkern kommen? Dem Imkerverband Rheinland-Pfalz e.V. ist zu danken diesen Vorgang öffentlich gemacht zu haben. Wir publizieren hier den Offenen Brief und sowohl Adresse als auch Telefonnummer und Emailadresse der verantwortlichen Person im Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Nächste Woche sollten dort 1.000 Telefonanrufe und 100.000 Emails von uns Imkern eingehen, in denen wir deutlich machen: "Was den Bienen schadet muß vom Markt!" (Zitat von Julia Klöckner, Landwirtschaftsministerin). Ich bitte Euch hier mitzuwirken. Den offenen Brief kann jeder dort per Mail hinschicken. Hier ist er: |
75 Notfallzulassungen verbotener Neonicotinoide
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Diesen Brief bitte an nachfolgende Adresse senden!
An das
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit
Dienstsitz Braunschweig
Postfach 1564
38005 Braunschweig
Offener Brief
Neustadt a. d. W. 05. Februar 2021Wenn möglich!
Kopie an:
Landwirtschaftsministerium RLP
Landesumweltministerium RLP
Bundeslandwirtschaftsministerium
Bundesumweltministerium
Umweltbundesamt
Notfallzulassung Cruiser 600 FS,
Ihr Bescheid vom 18.12.2020 und Ihr Änderungsbescheid vom 22.12.2020
Sehr geehrter Herr Dr. Waldmann
nachdem am 25. Januar 2021 die Notfallzulassung zur Ausbringung von mit dem Neonicotinoid
Thiamethoxam gebeizten Rübensaatguts im Rahmen einer Allgemeinverfügung in Rheinlad-Pfalz
endgültig genehmigt wurde, unsere Einwände bisher aber nicht berücksichtigt wurden, wenden wir
uns nun an Sie und bitten das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)
den Zulassungsbescheide dahingehend zu ändern, dass
1. Die in der Fachmeldung des BVL vom 14.12.2020 stehende Formulierung
„Imker oder Bienensachverständeige im Umkreis der Aussaatflächen sind vor
der Aussaat zu informieren.“ wieder in die Anwendungsbestimmungen
aufgenommen wird. Die vom Land Rheinland-Pfalz vorgesehene viel zu
großflächige Informationsabsicht auf Landkreisebene ist aus fachlicher Sicht
ungeeignet ein Schadensmonitoring an Bienenvölkern durchzuführen. Des
weiteren haben auch biologisch wirtschaftende Feldnachbarn ein Anrecht auf
die Information.
2. Um dem Sachverhalt zu entsprechen, dass von der Aussaat des mit
Thiamethoxam behandelten Saatguts nicht nur die Honigbienen der Imker,
sondern auch Wildbienen und andere Insekten sowie Vögel aber auch die
Grundwasserkörper betroffen sind wünschen wir, dass auch betroffene
Umweltverbände, die zuständigen Umweltministerien sowie das
Umweltbundesamt mit in den Zulassungsprozess einbezogen werden.
3. Es ist mittlerweile wissenschaftlich Nachgewiesen, dass die Schädigung der
Bienenvölker durch Neonicotinoide überwiegend subletal erfolgt. Die Bienen,
die Drohnen und die Bienenkönigin, also der Bien wird durch den
Pestizideintrag als ganzes in seiner permanenten Reproduktion geschädigt.
Daher muss das Monitoring dahingehend geändert werden, dass eine
Überwachung der Neonicotinoidrückstände im Bienenbrot erfolgt und
Populationsveränderungen der Wildbienen erfasst werden. Die Ergebnisse
sind öffentlich zugänglich zu machen.
zum Hintergrund unserer Forderung: In der letzten Woche sind uns während der virtuellen
AgrarWinterTage, einer Veranstaltung des DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück die Hintergründe
dieser Notfallzulassung bekannt geworden.
Das DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück ist als Antragsteller der Notfallzulassung von Cruiser 600
FS als staatliche Behörde Dienstleister der Südzucker AG und diverser Rüben-Anbau-Verbände.
Am 26. Januar 2021 fand die Zuckerrüben-Fachversammliung 2021 als virtuelle Live-Übertragung
im Internet statt. Referenten waren:
• Dr. Georg Vierling Direktor Geschäftsbereich Zucker/Rüben der Südzucker AG,
• Dr. Christian Lang, Geschäftsführer des Verbandes der Hessisch-Pfälzischen
Zuckerrübenanbauer und Koordinator des NIKIZ-Projektes
• Michael Adams Leiter der Rohstoffabteilung Offstein der Südzucker AG und
• Axel Siekmann Versuchstechniker der Arbeitsgemeinschaft Zuckerrübe Südwest
vom Verband Süddeutscher Zuckerrübenanbauer e. V.
Insgesamt ein hochkarätig besetztes Panel dem in etwa 200 Zuhörer vermutlich überwiegend aus
der Landwirtschaft und einige Imker folgten.
Wir gehen davon aus, dass der Antrag auf Notfallzulassung von Cruiser 600 FS mit dem
Neonicotinoid Thimethoxam durch das DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück im wesentlichen mit den
dort veröffentlichten Informationen erfolgte. Wir gehen weiter davon aus, dass dieser Antrag im
wesentlichen auf die Südzucker AG zurückzuführen ist und sind der Ansicht, dass hier eine
staatliche Behörde auf betreiben eines privatwirtschaftlichen Unternehmens mittels der Drohkulisse
sinkender Erträge eine unerlaubte Beihilfe erhält.
Weiter sind wir der Ansicht, dass die der Zulassung zugrundeliegenden Daten sowie die damit
verbundene Anwendungsbestimmung der Zulassung eines in der Europäischen Union verbotenen
Neonicotinoides Thiamthoxam nicht ausreichen um die Notfallzulassung zu rechtfertigen.
In den von Dr. Georg Vierling vorgestellten Geschäftszahlen zeigt sich, dass die Zuckererträge
deutschlandweit in Tonnen pro Hektar in den letzten beiden Jahren nahezu gleich waren. Die
Anbaufläche wurde insgesamt um 12% verringert, Rübenertrag und Zuckergehalt sind leicht um 3%
gesunken.
Wohl Aufgrund vergangener schlechter Weltmarktpreise für Zucker macht die Südzucker AG noch
immer erhebliche Verlust im operativen Ergebnis. Diese Verluste konnten durch sich erholende Weltmarktpreise von -236 Mio. € in 2019/2020 auf voraussichtlich -150 bis -110 Mio. € in
2020/2021 reduziert werden. Stellt sich die Frage was das mit der Notfallzulassung zu tun hat?
Die Südzucker AG bewegt sich nun im Spannungsfeld sinkender Anbauflächen, verbunden mit
Trockenheitsbedingten Ertragsausfällen bei gleichzeitig steigenden Marktpreisen für Zucker. Und
das ist der eigentliche Notfall. Die Aktie der Südzucker AG notiert nahe historischer Tiefststände,
die Verluste lassen sich Aufgrund weiterer Rückgänge in den Anbauflächen voraussichtlich nicht in
Gewinne verwandeln, somit muss das was noch da ist mit allen Mitteln gesichert werden.
Die vorgetragenen Daten zeigen, dass man nun mit einem sich erholenden Zuckerpreis rechnet und
die Anbaureduktionen der vergangenen zwei Jahre Kontraproduktiv war. Um Gewinne zu sichern
bzw. weitere Verluste zu vermeiden versucht man nun eine Ertragsoptimierung auf Kosten des
Naturschutzes. Denn wie eine Ertragsstatistik zeigt, sind die Ernteerträge in Tonnen pro Hektar der
vergangenen 7 Jahre alle noch deutlich über dem langjährigen Mittel und das obwohl die vergangen
drei Jahre von extremer Trockenheit gekennzeichnet waren.
Inwieweit die Trockenheit und die damit verbundenen Auflaufprobleme für eine Ertragsminderung
in 2020 verantwortlich sind wird ignoriert. Stattdessen werden Läuse und Zikaden gesucht und auch
gefunden. Diese übertragen dann Viren und Bakterien welche dann für einen nicht ausreichenden
Zuckergehalt verantwortlich sind, welcher tatsächlich zugenommen hat. Belegt mit statistischen
Ertragsauswertungen bei denen der Berechnungsindex mal eben um 200 Betriebe erhöht wird. Nur
damit danach überhaupt eine paar Betriebe am unteren Verteilungsrand zu sehen sind.
Weiter braucht es dann noch ein bisschen Panikmache wie „Pandemie auf dem Acker“, eine
Drohkulisse bezüglich Ernteausfall und damit verbundene wirtschaftliche Folgen, ein wenn auch
nur einseitiges auf die Eigeninteressen ausgerichtetes wissenschaftliches Netzwerk wie NIKIZ und
fertig ist der Notfall und seine Begründung.
Die systemimmanente Schwäche der seit Jahrzehnten gleichen Fruchtfolgen von Zuckerrüben,
Weizen, Gerste in unmittelbarer Nähe zu den Zuckerfabriken wird vollkommen ausser acht
gelassen.
Dort wo solche Monokulturen sind, das heißt tausende von Hektar an einem Stück mit einer Kultur
über mehrere Jahre hintereinander, dort werden sich natürlich bestimmte Schädlinge vermehren und
Krankheiten werden sich einstellen. Seit 1883 werden Im Werk Offstein Zuckerrüben verarbeitet.
Diese werden seit Jahrzehnten in der gleiche Region von den gleichen Landwirten auf den gleichen
Feldern angebaut. Das ist ein systemimmanentes Problem und kein Notfall.
Folglich erteilt das BVL dann auf einseitig erstellten und angeblichen wissenschaftlichen
Grundlagen basierend eine Notfallzulassung. Auf Ihrer Internetseite heißt es: „Auch bei
Notfallzulassungen stellt das BVL sicher, dass die menschliche Gesundheit nicht gefährdet wird.
Eventuelle Risiken für den Naturhaushalt werden durch spezifische Auflagen und
Anwendungsbestimmungen minimiert. „
Thiamethoxam und sein Abbauprodukt Clothianidin stellen entsprechend der Cut Off-Kiterien der
EU ein erhebliches menschliches Gesundheitsrisiko dar. Das scheint aber bei Notfallzulassungen nicht mehr zu interessieren. Es scheint auch als würden weder das BVL noch die Antragsteller
interessieren, dass ein erheblicher Teile des Saatgutes in Gebieten Ausgebracht werden soll, in
welchen der Grundwasserkörper bereits an einzelnen Messstellen über die Grenzwerte hinaus mit
Pestiziden belastet ist (Vortrag Dr. Fritsch, AgrarWinterTage 2020, LfU-RLP Chemischer Zustand
der GWK 2019).
Die vom BVL bisher gemachten Anwendungsbestimmungen zu Cruiser 600 FS sind ebenso in
keinster Weise geeignet den Naturhaushalt zu schützen. Ein minimieren der Risiken ist in
Anbetracht der additiv auf den Rübenäckern eingesetzten Herbizide und Fungizide unmöglich.
Besonders bedenklich ist die Tatsache, dass im Jahresverlauf dann weitere Insektizide auf den
Flächen ausgebracht werden sollen. Der dadurch entstehende Pestizidcocktakil ist weder
beherrschbar noch wird er durch ein geeignetes Monitoring überwacht.
Sehr geehrter Herr Dr.Waldmann, wir würden uns wünschen, dass mit der gleichen Sorgfalt, mit der
Läuse und Zikaden beobachtet werden auch der Naturhaushalt beobachtet wird. Daher die eingangs
genannten Forderungen, denn neben den Imkern hat auch die Gesellschaft das Recht, diese
angeblichen Notfälle kritisch zu beobachten und wissenschaftlich zu begleiten.
Ihre Behörde hat im Jahr 2020 insgesamt 75 Notfallzulassungen erteilt. Hierbei wird das ausbringen
von Stoffen ermöglicht die aus guten wissenschaftlich basierten Gründen verboten wurden. Die
Gesellschaft kann und darf diese Praxis nicht mehr hinnehmen. Der immer wiederkehrenden
einseitigen Darstellung von Gefahren für die Gesundheit von Kulturpflanzen muss ein
wissenschaftlich basiertes Monitoring der Gefahren für Mensch und Natur gegenüber gestellt
werden.
Die Definition eines Notfalls darf nicht einseitig und alleine denen überlassen werden, die davon
profitieren. In Anbetracht der bevorstehenden Aussaat bitten wir um Änderung des
Zulassungsbescheides entsprechend unserer eingangs genannten Forderungen bis 19. Februar 2021.
Mit freundlichen Grüßen
Franz Botens
2. Vorsitzender
Imkerverband Rheinland-Pfalz e.V.
botens@web.de -
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Für uns Imker heißt das: Wir werden verraten und verkauft. Die Zeit der Freundlichkeiten ist vorbei. Jetzt muss jeder der Akteure seine Rolle aktiv einnehmen.
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