Offener Brief an NÖ. LK.-Präs. NR Ing. Hermann Schultes

  • Sehr geehrter Herr Präsident!
    In der Zeitschrift „Die Landwirtschaft" – unter der Kolumne - „Aus meiner Sicht", schrieben Sie u.a.: Die interessantesten Nachrichten kommen aus der Zukunft..., die Einführung der Standortregistrierung für Bienenvölker, weil angeblich Völker geschädigt werden, aber keiner weiß, wo sie wirklich geflogen sind....
    Diese Äußerung ist von einem Präsidenten der Landwirtschaftskammer, der auch die Imker vertreten sollte, nicht akzeptierbar. Sie dokumentieren mit Ihrer Aussage entweder Ihre Unwissenheit, oder ärger, Sie stellen dadurch, wider besseren Wissens, die Bienenverluste durch die Beiz- und Spritzmittel in Abrede.
    Ihre Feststellung: ...aber keiner weiß, wo sie wirklich geflogen sind (Sie meinten offensichtlich die Bienen), zeigt Ihren geringen Wissensstand über Bienen und deren Befruchtungen in der Landwirtschaft.
    Tatsache ist, dass ein Bienenvolk ca. 1.800 € Bestäubungsleistung erbringt (admin.ch 2003). Neuen EU-Berechnungen zur Folge, tragen die Bestäuber mindestens 22 Milliarden Euro zur europäischen Agrarindustrie bei, da 84% der Saaten eine Insektenbestäubung benötigen.
    Schäden die Imkern durch die Beiz- u. Spritzmittel entstehen, setzen sich zusammen aus Ertragsminderungen durch Direkteinwirkungen der Neonikotinoide, durch die darauf folgenden Verluste der Bienenvölker, deren Entsorgung, durch die Kosten der Neuanschaffung, sowie die Ertragsausfälle im Folgejahr, in Summe ca. 400 €/Volk.
    Herr Präsident, beim Lesen Ihrer Zeilen entsteht der Verdacht, dass Ihnen die Spritz- und Beizmittelhersteller, wie Bayer, Syngenta u. Monsanto... die Sicht auf die Tatsachen genommen haben.
    Aufgrund des Tierseuchengesetzes (Bienensterblichkeit über 30%) meldete ich meine Völkerverluste von 45% (2011/2012) bei der BH. Diese Meldung, die ich vor Zeugen durchführte, wurde trotz Urgenz nicht zur Kenntnis genommen. Mit der Vertröstung, man müsste die Rechtssituation noch klären, war der Fall für die Behörde abgeschlossen. Bei über 45% verendeten Schweinen wäre die Sache wohl anders behandelt worden.
    Die Aussagen des OÖ. LR Hiegelsberger, wir müssten gegenüber den Amerikanern konkurrenzfähiger werden (daher die Beizmitteltoleranz?), heißt einem System nachzueifern das vor dem Abgrund steht. Diese Amerikanisierung würde bedeuten, dass wir um mindestens 2/3 weniger Bauern (wer sagt es ihnen), eine noch intensivere landw. Nutzung, mehr Monokulturen, dadurch einen noch höheren Pestizideinsatz und damit noch höhere Bienen- und Umweltschäden, zur Kenntnis nehmen müssten.
    Leider wird das Ausmaß der Schäden durch die Neoniks und andere Pestizide an den Bienen von einem überwiegenden Teil der Landwirtschaftsfunktionäre, im Gleichklang mit der chem. Industrie, verharmlost und auf die Varroa als Hauptursache geschoben.
    Die ständig wiederholten Aussagen nur die Varroa sei schuld am Bienensterben haben mich bewogen, die Varroaentwicklung u. den Varroaabfall (2012) täglich zu erfassen. Da ich in den Jahren 2003-2006 ganzjährlich die Varroaentwicklung, bei gleichzeitiger AGES Untersuchung über Bienengesundheit, aufzeichnete, ist ein Vergleich zwischen damals u. heute möglich (mit und ohne Neoniks). Die Frage erhebt sich, warum stirbt derzeit ein Bienenvolk mit 2.000 Varroen, hingegen eines vor dem Einsatz der Neonikotinoide überlebte mit ~22.800 Varroen (11,5-fache)?
    Solange Pflanzenschutz-Beratungen der LK von den Spritzmittelvertretern durchgeführt werden wird sich nichts ändern, da die Verkaufsinteressen im Vordergrund stehen und auf die möglichen Schadenseinwirkungen nicht, oder zu wenig hingewiesen wird. Den Landwirten werden Anweisungen zu fragwürdigen und sinnlosen Spritzmittelnotwendigkeiten vermittelt (z.B. Glyphosatspritzung vor dem Dreschen...). So wird unser Umfeld, mehr als notwendig (angeblich umwelt-freundlich), zu Tode gebeizt und gespritzt. Bei Diskussionen mit Landwirten gestehen viele, schon ein- oder mehrmals eine Spritzmittelvergiftung erlitten zu haben. Daher die Forderung: Umwelt-Schulungen für Spritzmittelanwender, Verbot der Neoniks und Reduzierung der Pflanzenschutzmittel um min. 25%.
    Wie Ing. Schuster (LK NÖ) schon 2008 bei Untersuchungen feststellte, wäre die Fruchtfolge das beste Mittel gegen den Maiswurzelbohrer, dadurch könnte der Beizmitteinsatz vermieden werden. Es gibt bei uns Felder auf denen seit ~30 Jahre ununterbrochen Mais angebaut wird (l. Auskunft von Bauern, AMA-Daten?).
    Die zutage gelegte Ignoranz, wird in absehbarer Zeit zu einer Eskalation führen und die Schuldigen werden von den Geschädigten (z.B. Imkern und Konsumenten usw.) zur Verantwortung gezogen. Wer unfähig ist, seine Umwelt und die Bevölkerung vor vermeidbaren Schäden zu schützen, hat die Folgen zu tragen!
    Als alter ÖVP- Funktionär und Imker wünsche Ihnen für das neue Jahr, Einsicht und Weitblick.
    Roland Netter
    Hauptstr.16
    A-4300 St. Valentin
    Tel.: 0043 664 5948522


    PS.: Ursachen des Bienensterbens - „Aus meiner Sicht"!
    Neonikotinoide u. Spritzmittel: Beizstaub, Guttationswasser, Mais-Pollen, Beizmittel-Rückstände in der Gründüngung, dadurch direkte Schädigung und Schwächung des Immunsystems und deshalb vermehrte Bienenkrankheiten!
    Varroa bei nicht fachgerechter Behandlung. (Winterverluste bis zu 10% können als normal gewertet werden).


    Gruß Helmuth

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